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Die Siegelung im Strafverfahren

Man hört immer wieder, dass die Polizei Mobiltelefone, Laptops und Geschäftsunterlagen von Perso­nen oder Unternehmen beschlag­nahmt hat. Unter welchen Voraus­setzungen ist dies zulässig und wie kann ich mich als Betroffener dagegen wehren?

Strafprozessuale Beschlagnahme
Die Beschlagnahme ist eine strafpro­zessuale Zwangsmassnahme. Diese ermöglicht es den Strafbehörden, Ge­genstände und Vermögenswerte im Verfahren sicherzustellen, die später beispielsweise als Beweismittel benö­tigt werden. Beschlagnahmen erfolgen in der Regel anlässlich einer Haus­durchsuchung oder bei der Durchsu­chung von Personen oder Fahrzeugen. Wie bei allen strafprozessualen Zwangsmassnahmen ist ein hinrei­chender Verdacht für das Vorliegen einer Straftat erforderlich. Sogenann­te Beweisausforschungen sind unzu­lässig.

Siegelung und weitere Rechte
Als betroffene Person kann man sich gegen eine Beschlagnahme mit der so­genannten Siegelung zur Wehr setzen. Es handelt sich dabei um einen zent­ralen Rechtsbehelf zur Wahrung der Rechte Betroffener im Strafverfahren. Die Siegelung soll verhindern, dass bestimmte geschützte Informationen in die Ermittlungen einfliessen und verwertet werden. Die beschuldigte Person muss sich in einem Strafver­fahren nicht selbst belasten. Sie kann ihre Aussage verweigern und schwei­gen. Insbesondere ist sie nicht ver­pflichtet, Codes oder Passwörter be­kannt zu geben.

Wird vom Recht der Siegelung Gebrauch gemacht, dürfen die Beweismittel vor­erst weder eingesehen noch verwendet werden. Im darauffolgenden Entsiegelungsverfahren hat das zuständige Ge­richt über die Zulässigkeit einer Durch­suchung der versiegelten Unterlagen und Datenträger zu entscheiden. Dieses Verfahren kann je nach Umständen des Einzelfalls von beachtlicher Dauer sein. Insbesondre in komplexen Wirtschaftsstraffällen droht die Siegelung daher als Instrument der Verfahrensverzöge­rung missbraucht zu werden. Der Ge­setzgeber hat darauf reagiert und per 1. Januar 2024 neue Bestimmungen zum Siegelungsrecht in Kraft gesetzt.

Revidierte Strafprozessordnung
Mit den revidierten Bestimmungen sollen das Siegelungs- und Entsiegelungsverfahren klarer strukturiert und die möglichen Siegelungsgründe ein­geschränkt werden. Gesetzlich werden neu kurze, nicht erstreckbare Fristen vorgesehen. Die betroffene Person hat ihr Siegelungsbegehren unverzüglich zu stellen und den formellen Siegelungsantrag innert Frist von bloss drei Tagen einzureichen. Zur Begründung des Siegelungsantrags kann es ratsam sein, rechtzeitig rechtliche Unterstüt­zung beizuziehen. Gelangt das zuständige Gericht zum Schluss, dass die Durchsuchung sämt­licher Chatverläufe eines Mobiltelefons oder sämtlicher beschlagnahmter Ge­schäftsunterlagen eines Unternehmens gegen ein Beschlagnahmeverbot ver­stösst oder insgesamt unverhältnismäs­sig erscheint, sind die Strafbehörden gehalten, den Umfang der Durchsu­chung einzugrenzen. Damit können nicht zuletzt sogenannte Zufallsfunde verhindert werden. Es handelt sich da­bei um bestimmte Beweisinformationen, die in keiner Beziehung mit der abzu­klärenden Straftat stehen, aber auf die Verübung anderer Straftaten hindeuten.


Jasmin Troxler, Rechtsanwältin

Dieser Beitrag erschien als Ratgeber Recht in der Surseer Woche vom 9. Mai 2024.
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