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Scheidung: Haus gegen Pensionskasse

Mein Mann und ich lassen uns scheiden. Wir sind uns einig, dass ich unser Haus, das uns je hälftig gehört, übernehmen werde. Ich habe aber nicht genügend flüssiges Vermögen, um meinen Mann auszu­zahlen. Kann ich die Zahlung an ihn mit dem Guthaben, das ich aus sei­ner Pensionskasse erhalten würde, verrechnen?

Bei einer Scheidung müssen verschie­dene Bereiche geregelt werden: Das ehe­liche Vermögen, wozu auch das Haus gehört, wird im Rahmen der güterrecht­lichen Auseinandersetzung aufgeteilt. Weiter werden die während der Ehe an­gesparten Guthaben aus der beruflichen Vorsorge (Pensionskasse) hälftig geteilt. Schliesslich werden allenfalls persönli­che Unterhaltsbeiträge festgelegt. Wenn minderjährige Kinder vorhanden sind, müssen zudem die sogenannten Kinder­belange, also die elterliche Sorge und Obhut sowie allfällige Kinderunter­haltsbeiträge, geregelt werden.
Diese vier Bereiche sind grundsätzlich voneinander unabhängig. Wenn Sie und Ihr Mann sich einig sind, können aber die Ansprüche aus dem Güter­recht, der beruflichen Vorsorge und persönliche Unterhaltsbeiträge unter bestimmten Voraussetzungen mitein­ander verrechnet werden.

Altersvorsorge sicherstellen
Ihre Frage zielt auf die Verrechnung der güterrechtlichen Ansprüche Ihres Mannes, nämlich die Ausgleichszah­lung für die Übertragung des Miteigentumsanteils am Haus, mit Ihren Ansprüchen aus der hälftigen Teilung des Pensionskassenguthabens. Hier­mit müssen nicht nur Sie beide einver­standen sein, sondern es braucht auch die Zustimmung des Gerichts. Dieses prüft von Amtes wegen, ob bei einer solchen Verrechnung von Ansprüchen aus der beruflichen Vorsorge eine an­gemessene Alters- und Invalidenvor­sorge gewährleistet bleibt. Nur wenn es sich davon überzeugt hat, darf das Gericht die Vereinbarung zwischen Ih­nen beiden genehmigen.
Sie verzichten auf das Pensionskassenguthaben, das Ihnen zustehen würde, werden dafür aber Alleinei­gentümerin des Hauses. Einer solchen Verrechnung stimmt das Gericht in der Regel zu, weil das Haus als eine Art von Alters- und Invalidenvorsorge betrachtet werden kann: Bei Bedarf können Sie das Haus vermieten oder verkaufen und auf diese Weise ihre Pensionierung finanzieren.

Latente Steuern beachten
Im Ergebnis führt die Verrechnung dazu, dass Sie Ihren Mann mit Pensionskassenguthaben anstatt mit flüssi­gem Geld auszahlen. Dieses Pensionskassenguthaben wird er im Rentenalter in Form von Kapital oder Rente bezie­hen. Beide Bezugsformen lösen be­kanntlich Steuern aus. Das heisst, das Guthaben ist latent steuerbelastet. Dieser Umstand sollte – je nach Höhe des Betrags, der zur Verrechnung ge­bracht wird – berücksichtig werden. Dazu werden die latenten Steuern annährungsweise berechnet und in die Rechnung miteinbezogen.

Andere Optionen prüfen
Eine solche Verrechnung bzw. der Ver­zicht auf Guthaben aus der Pensions­kasse will immer gut überlegt sein. Es muss Ihnen bewusst sein, dass Sie im Zeitpunkt der Pensionierung ein gerin­geres Kapital bzw. eine geringere Rente beziehen können. Die Höhe der Einbus­se bemisst sich nach dem Betrag, der zur Verrechnung kommen soll. Daher empfehle ich Ihnen, auch noch andere Optionen zu prüfen. Dazu gehört zum Beispiel die Erhöhung der Hypothek, um Ihren Mann auszuzahlen. Oder viel­leicht ist Ihr Mann bereit, Ihnen ein ver­zinsliches Darlehen zu gewähren.



Melanie Friedrich, Rechtsanwältin und Notarin, Fachanwältin SAV Familienrecht

Dieser Beitrag erschien als Ratgeber Recht in der Surseer Woche vom 6. März 2025.
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