Darf der Arbeitgeber meine privaten Mails lesen?
"Ich habe aufgrund von Reorganisationen in der Firma die Stelle verloren. Nun habe ich erfahren, dass das E-Mail-Konto, das auf meinen Namen lautet und das ich auch für private Mails genutzt habe, weiterhin existiert und auch kontrolliert wird, was hereinkommt. Darf die Firma das Konto offen lassen und meine Privatmails lesen?"
Das Vorgehen dieser Firma ist unzulässig und auch unnötig. Die Internet- und E-Mail-Nutzung ist heute im Geschäftsleben nicht mehr wegzudenken. Deshalb ist es empfehlenswert, dass Firmen diese Nutzung in einem Reglement festlegen. Einerseits hat der Arbeitgeber berechtigte Interessen, sich vor den Gefahren einer unsachgemässen Nutzung zu schützen.
Persönlichkeitsrechte
Aus der Sicht des Arbeitgebers geht es um Themen wie Sicherheit (Schutz vor Viren, Trojanern usw.), Vertraulichkeit (welche Informationen dürfen über E-Mail übermittelt werden, offen oder verschlüsselt?), Stabilität des Netzwerkes (übermässiges Surfen kann zu einer Überlastung führen), Arbeitszeit (die private Nutzung geht auf Kosten der bezahlten Arbeitszeit, was zu vermeiden ist), aber auch um weitere Interessen des Arbeitgebers wie Wahrung des guten Rufs, Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse oder Datenschutz.
Auf der andern Seite sind die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Zu denken ist etwa an die Regelung der Zugriffsberechtigung während der Dauer des Arbeitsverhältnisses im Sinne der Stellvertreterregelung. Wer darf während einer Abwesenheit darauf zugreifen? Die Nutzung für private E-Mails kann in einem solchen Reglement ebenfalls festgelegt werden (in welchem Umfang, wie sind sie zu kennzeichnen, wie sind sie abzulegen?). Theoretisch kann die private Nutzung auch ganz verboten werden.Dabei muss man aber überlegen, ob man vielleicht nicht über das Ziel hinausschiesst. Ebenso schlecht ist es, Regeln festzulegen, die man nicht umsetzt (also wenn trotz Verbot die private Nutzung toleriert wird).
Regelung beim Austritt
Im Rahmen der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses soll der Arbeitnehmer die Aufgabe erhalten, die geschäftlichen E-Mails intern weiterzuleiten oder in entsprechende geschäftliche Ordner im Firmennetzwerk abzulegen.
Vom Arbeitnehmer sollte auch verlangt werden, dass er bestätigt, sämtliche Geschäftsdokumente (inkl. der geschäftlichen E-Mails) abgelegt bzw. weitergeleitet zu haben. Seine privaten E-Mails (wie auch andere private elektronische Dokumente) soll der Mitarbeiter vor seinem Austritt auf einen privaten Datenträger speichern und danach auf dem Firmennetzwerk löschen. Je nach Arbeitsumfeld ist dieser Vorgang durch den Arbeitgeber zu begleiten, um sicherzustellen, dass dabei keine Geschäftsgeheimnisse verletzt werden.
Nach dem Austritt ist der E-Mail-Account des Arbeitnehmers zu sperren und eine automatische Antwort einzurichten, welche die Absender darüber informiert, dass diese Empfängeradresse nicht mehr existiert und die Absender sich an eine neue Adresse wenden können. Unzulässig ist die Installation einer automatischen Weiterleitung an eine interne Stelle.
Raetus Cattelan, Rechtswalt
Folgender Beitrag erschien als Ratgeber Recht in der Luzerner Zeitung vom 9. Januar 2019.