"Sachgewährleistung" beim Immobilienkauf

"Der Notar hat mir den Entwurf eines Kaufvertrags für meine neue Wohnung zugestellt. Unter dem Titel "Gewährleistung" steht, dass die Verkäuferschaft jede Gewährleistung wegbedingt und die Garantieansprüche gegen den Generalunternehmer abtritt. Was bedeutet das?"
Gewährleistung bedeutet Haftung für einen Mangel. Ein Mangel wiederum ist das Fehlen einer Eigenschaft, die für die Gebrauchstauglichkeit eines Gegenstandes notwendig ist oder einer Eigenschaft, die vertraglich zugesichert wurde. Als Beispiele können Risse in den Wänden oder das Fehlen des vereinbarten Minergie-Standards genannt werden.
Immobiliengeschäfte treten in verschiedenen Erscheinungsformen auf. Es kann sich um den Kauf einer bereits erstellten und allenfalls schon lange bestehenden (Alt-)Liegenschaft handeln oder um den Erwerb einer noch nicht erstellten Liegenschaft ab Plan. Je nachdem liegt ein Kaufvertrag, ein Werkvertrag oder eine Kombination aus beiden vor. Die Rechte, welche dem Käufer beim Auftreten eines Mangels zustehen, ergeben sich aus dem Gesetz oder einer allenfalls davon abweichenden vertraglichen Regelung. Mögliche Rechte beim Auftreten von Mängeln sind die Minderung (Reduktion des Preises), die Wandelung (Rückgängigmachung des Vertrags) oder die Nachbesserung. Bei Verträgen, die anstelle des Obligationenrechts (OR) die in der Praxis verbreitete SIA-Norm 118 für anwendbar erklären, hat der Bauherr zuerst nur das Recht auf Nachbesserung.
Die Gewährleistung ist sogenannt dispositives Recht, das heisst die Parteien können eine vom Gesetz abweichende Regelung treffe. Zulässig ist auch ein vollständiger Gewährleistungsausschluss (Freizeichnung). Ein solcher Ausschluss gilt aber nicht für Mängel, die dem Käufer arglistig verschwiegen wurden, was schon dann der Fall ist, wenn der Verkäufer um einen Mangel gewusst und den Käufer nicht auf diesen aufmerksam gemacht hat.
Bei bestehenden Bauten ist die maximale Wegbedingung der Gewährleistungspflicht üblich. Bei Neubauten hingegen werden dem Erwerber in der Regel im Vertrag Mängelrechte zugesichert. In der Praxis verbreitet sind aber Abtretungsklauseln, gemäss welchen der Verkäufer seine ihm gegen die einzelnen Unternehmer (oder den Generalunternehmer) zustehenden Mängelrechte an den Käufer abtritt und seine eigene Haftung wegbedingt. Der Käufer muss sich mit seinen Mängelansprüchen dann direkt an die Unternehmer halten.
Bei solchen Abtretungen von Mängelrechten können sich verschiedene Schwierigkeiten ergeben. So praktischer Art, indem der Käufer wissen muss, wer die fraglichen Unternehmer sind und wie die Gewährleistung in deren Verträgen mit dem Verkäufer geregelt ist. Oft erhält der Käufer diese Informationen im Zeitpunkt des Kaufs nicht. Es ist zudem rechtlich umstritten, ob und wie weit Abtretungen von Gewährleistungsansprüchen zulässig sind, so dass sich aus diesen Regelungen unerfreuliche rechtliche Auseinandersetzungen ergeben können. Abtretungsklauseln sind deshalb sorgfältig zu verfassen, und der Käufer tut gut daran, diese genau zu prüfen bzw. prüfen zu lassen, um sicher zu gehen, dass er seine Ansprüche beim Auftauchen eines Mangels dann auch durchsetzen kann.
Peter Kriesi, Rechtsanwalt, Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht, Mediator SAV
Folgender Beitrag erschien als Ratgeber Recht in der Surseer Woche vom 12. September 2019.