News

Was ist beim Schlichtungsverfahren zu beachten?

Ich habe einen kleinen Streit aus einem Autokauf, bei dem es um zirka 6'000 Franken geht. Ich möchte den finanziellen Aufwand möglichst in Grenzen halten. Ich habe daher bisher davon abgese­hen, einen Rechtsanwalt einzu­schalten. Eine Bekannte hat mir gesagt, der erste Schritt – das Verfahren beim Friedensrichter – sei auch ohne Anwalt machbar. Empfehlen Sie dieses Vorgehen?
Wie Sie richtig schreiben, ist der erste Schritt in einem zivilrechtlichen Ver­fahren in der Regel der Gang zum Frie­densrichter. Dieses Verfahren wird als Schlichtungsverfahren bezeichnet und es findet – wie gesagt – vor einem Friedensrichter, einer Friedensrichte­rin statt. Die Bezeichnung «Richter» ist indessen irreführend. Denn der Friedensrichter «richtet» gerade nicht; der Friedensrichter «schlichtet». Immerhin kann der Friedensrichter – wenn der Kläger dies beantragt – bis zu einem Streitwert von 2‘000 Franken einen Entscheid fällen und hat in die­sem Fall tatsächlich richterliche Be­fugnisse.

Durch Gesuch eingeleitet
Eingeleitet wird das Schlichtungsver­fahren durch ein sogenanntes Schlich­tungsgesuch. Im Gesuch müssen die Streitparteien genannt sein. Zudem muss beantragt werden, was vom Be­klagten gefordert wird («Rechtsbegeh­ren»). Und es muss kurz bezeichnet werden, worum es im Streit geht («Streitgegenstand»). Auf den Websites der meisten Kantone finden sich ent­sprechende Vorlagen, sodass auch ju­ristische Laien imstande sind, ein kor­rektes Schlichtungsbegehren zu stellen. Auch wenn die Schlichtungsbehörde möglichst einfach angerufen werden können soll, bestehen regelmässig doch die einen oder anderen Fallstricke. So ist zum Beispiel nicht immer so klar, wer tatsächlich die Streitparteien sind beziehungsweise wer denn überhaupt eingeklagt werden muss. Zudem kann auch unklar sein, welche Schlichtungs­behörde überhaupt angerufen werden muss (Stichwort «örtliche Zuständig­keit»). Und auch bei den Anträgen kann man sich vertun, die ja im Schlich­tungsverfahren «fixiert» werden und an die man in einem anschliessenden Ge­richtsverfahren grundsätzlich gebun­den ist. Immerhin kann im Rahmen ei­ner Klageänderung eine Anpassung vorgenommen werden.

Sollte einem im Rahmen des Schlich­tungsverfahrens ein solcher (Verfah­rens-)Fehler unterlaufen, hat dies al­lenfalls zur Folge, dass das Verfahren beim Friedensrichter ein zweites Mal durchlaufen werden muss. Die ge­machten Fehler können in diesem Sin­ne korrigiert werden.

Geht bei der Schlichtungsbehörde ein Gesuch ein, werden die Parteien zu ei­ner Verhandlung vorgeladen, anlässlich welcher unter Mithilfe des Friedensrich­ters eine einvernehmliche Lösung ge­funden werden soll. Die Verhandlung findet in der Regel innert zwei Monaten statt. Finden die Parteien eine Lösung, wird ein Vergleich geschlossen und der Streit ist beigelegt. Söhnen sich die Par­teien nicht aus, so wird der klägerischen Partei die so genannte «Klagebewilli­gung» ausgehändigt, welche berechtigt, eine Klage beim Gericht einzuleiten.

Persönliches Erscheinen notwendig
Zu beachten ist, dass die Parteien zur Verhandlung persönlich erscheinen müssen. Dies gilt zumindest dann, wenn keine Ausnahme besteht (wie etwa ausserkantonaler oder ausländischer Wohn­sitz, Krankheit oder Alter etc.).

Auch wenn das Schlichtungsverfahren somit sehr informell ist, beinhaltet es doch einzelne Fallstricke, die zumin­dest punktuelles juristisches Know-how erfordern. Geht dennoch etwas schief, so ist das Verfahren zu wieder­holen, was im Kanton Luzern bei einem Streitwert bis 50’000 Franken ein zwei­tes Mal Kosten von maximal 400 Fran­ken verursachen würde. 

Dr. Rainer Wey, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt SAV Erbrecht, Lehrbeauftragter an der Universität Luzern

Dieser Beitrag erschien als Ratgeber Recht in der Surseer Woche vom 2. März 2023.
PDF