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Darf ich Unterhaltsbeiträge kürzen?
Meine Ex-Frau und ich sind seit ein paar Jahren geschieden. Im Scheidungsurteil wurde festgelegt, dass ich ihr und unserem Sohn Unterhaltsbeiträge schulde. Nun habe ich meinen Job verloren. Inzwischen habe ich eine neue Stelle, bei der ich aber weniger verdiene. Darf ich die Unterhaltsbeiträge kürzen?
Wenn sich die Verhältnisse nach dem Scheidungsurteil erheblich und dauerhaft verändern, können die im Urteil festgelegten Unterhaltsbeiträge abgeändert werden. Am einfachsten ist es, wenn Sie sich einvernehmlich mit Ihrer Ex-Frau auf eine Änderung der Unterhaltsbeiträge einigen können. Sollte das nicht möglich sein, können Sie eine Abänderungsklage beim zuständigen Gericht einreichen.
Voraussetzungen
Damit das Gericht die Unterhaltsbeiträge anpasst, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein. So muss dargelegt werden, dass die Veränderung der Verhältnisse unvorhersehbar, erheblich und von Dauer ist. Als unvorhersehbar gilt eine Veränderung, wenn sie nicht schon im Scheidungsurteil zum Voraus berücksichtigt wurde. Dass Sie Ihren Job verloren haben und deswegen eine neue Stelle antreten mussten, war im Zeitpunkt des Scheidungsurteils unvorhersehbar. Sollten Sie allerdings nur für eine begrenzte Zeit einen tieferen Lohn erhalten und nachher wieder einen ähnlich hohen Lohn wie im Zeitpunkt des Scheidungsurteils haben, handelt es sich um eine bloss vorübergehende Veränderung der Verhältnisse, welche keine Abänderung des Unterhaltsbeitrags rechtfertigt.
Ob eine Veränderung der Verhältnisse als erheblich beurteilt wird, hängt von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Familie ab. Bei knappen wirtschaftlichen Verhältnissen wird eine geringe Veränderung des Einkommens bereits als erheblich angesehen, währenddem dieselbe Veränderung bei besonders guten wirtschaftlichen Verhältnissen noch nicht als erheblich gelten würde.
Hypothetisches Einkommen
Das Gericht darf unter gewissen Voraussetzungen vom tatsächlichen Lohn des Unterhaltsschuldners abweichen und stattdessen von einem höheren, sogenannten hypothetischen Einkommen ausgehen. Das ist dann der Fall, wenn eine besser bezahlte Tätigkeit einerseits zumutbar und andererseits auch tatsächlich möglich wäre. Sie müssen also darlegen können, dass es ihnen weder zumutbar noch möglich war, eine gleich bezahlte Stelle wie die frühere zu bekommen. Dabei spielen unter anderem Faktoren wie die Ausbildung, Sprachkenntnisse, Alter und Gesundheit eine grosse Rolle.
Gesamtbetrachtung
Beim Entscheid, ob eine Abänderung des Unterhaltsbeitrags gerechtfertigt ist, werden alle Umstände berücksichtigt. Es wird also nicht nur angeschaut, ob sich Ihr Einkommen verändert hat, sondern auch, ob diese Veränderung allenfalls durch andere Faktoren ausgeglichen wird. Wenn Sie also beispielsweise mit jemandem zusammengezogen sind und sich so unter anderem Ihre Wohnkosten reduziert haben, könnte es sein, dass die Einkommenseinbusse aufgehoben und eine Abänderung deshalb abgewiesen wird.
Prozessrisiko
Das Gericht hat im Abänderungsprozess einen grossen Ermessensspielraum. Ob alle Voraussetzungen gegeben sind und eine Abänderung gutgeheissen wird, kann im Voraus nicht pauschal beurteilt werden. Eine Abänderungsklage ist immer mit einem gewissen Risiko verbunden und deswegen gut abzuwägen. Aufgrund dessen empfiehlt sich in der Regel eine vorgängige anwaltliche Beratung.
Melanie Friedrich, Rechtsanwältin und Notarin, Fachanwältin SAV Familienrecht
Dieser Beitrag erschien als Ratgeber Recht in der Surseer Woche vom 28. Dezember 2023.
Voraussetzungen
Damit das Gericht die Unterhaltsbeiträge anpasst, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein. So muss dargelegt werden, dass die Veränderung der Verhältnisse unvorhersehbar, erheblich und von Dauer ist. Als unvorhersehbar gilt eine Veränderung, wenn sie nicht schon im Scheidungsurteil zum Voraus berücksichtigt wurde. Dass Sie Ihren Job verloren haben und deswegen eine neue Stelle antreten mussten, war im Zeitpunkt des Scheidungsurteils unvorhersehbar. Sollten Sie allerdings nur für eine begrenzte Zeit einen tieferen Lohn erhalten und nachher wieder einen ähnlich hohen Lohn wie im Zeitpunkt des Scheidungsurteils haben, handelt es sich um eine bloss vorübergehende Veränderung der Verhältnisse, welche keine Abänderung des Unterhaltsbeitrags rechtfertigt.
Ob eine Veränderung der Verhältnisse als erheblich beurteilt wird, hängt von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Familie ab. Bei knappen wirtschaftlichen Verhältnissen wird eine geringe Veränderung des Einkommens bereits als erheblich angesehen, währenddem dieselbe Veränderung bei besonders guten wirtschaftlichen Verhältnissen noch nicht als erheblich gelten würde.
Hypothetisches Einkommen
Das Gericht darf unter gewissen Voraussetzungen vom tatsächlichen Lohn des Unterhaltsschuldners abweichen und stattdessen von einem höheren, sogenannten hypothetischen Einkommen ausgehen. Das ist dann der Fall, wenn eine besser bezahlte Tätigkeit einerseits zumutbar und andererseits auch tatsächlich möglich wäre. Sie müssen also darlegen können, dass es ihnen weder zumutbar noch möglich war, eine gleich bezahlte Stelle wie die frühere zu bekommen. Dabei spielen unter anderem Faktoren wie die Ausbildung, Sprachkenntnisse, Alter und Gesundheit eine grosse Rolle.
Gesamtbetrachtung
Beim Entscheid, ob eine Abänderung des Unterhaltsbeitrags gerechtfertigt ist, werden alle Umstände berücksichtigt. Es wird also nicht nur angeschaut, ob sich Ihr Einkommen verändert hat, sondern auch, ob diese Veränderung allenfalls durch andere Faktoren ausgeglichen wird. Wenn Sie also beispielsweise mit jemandem zusammengezogen sind und sich so unter anderem Ihre Wohnkosten reduziert haben, könnte es sein, dass die Einkommenseinbusse aufgehoben und eine Abänderung deshalb abgewiesen wird.
Prozessrisiko
Das Gericht hat im Abänderungsprozess einen grossen Ermessensspielraum. Ob alle Voraussetzungen gegeben sind und eine Abänderung gutgeheissen wird, kann im Voraus nicht pauschal beurteilt werden. Eine Abänderungsklage ist immer mit einem gewissen Risiko verbunden und deswegen gut abzuwägen. Aufgrund dessen empfiehlt sich in der Regel eine vorgängige anwaltliche Beratung.
Melanie Friedrich, Rechtsanwältin und Notarin, Fachanwältin SAV Familienrecht
Dieser Beitrag erschien als Ratgeber Recht in der Surseer Woche vom 28. Dezember 2023.