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«Digitaler Nachlass»: Datenfriedhof vermeiden

Ich (65) bin zwar kein «Digital Native», habe aber einen Facebook-Account; ich nutze E-Mail, iCloud für Fotos und Spotify. Was mit meinem Vermögen nach dem Tod passieren soll, habe ich bereits geregelt. Aber was pas­siert mit meinen Benutzerkonten und Daten? Und wer hat Zugriff darauf?
Kaum jemand, der sich bei Spotify einen Account einrichtet, ein E-Mail verschickt, Fotos auf Facebook postet oder Fotos in geteilten Alben in die Cloud hochlädt, macht sich Gedanken, was nach dem Tod mit diesen Daten passiert – obwohl sie oftmals sehr persönliche Informationen enthalten. Digitale Plattformen gehören selbstverständlich zu unserem Alltag. Während immer mehr Leute bewusst ihren Nachlass regeln oder mit Patientenverfügungen ihren Tod selbstbestimmt gestalten, treffen die wenigsten Vorkehrungen in Bezug auf die digitale Spur, die sie hinterlassen werden.

Unklare Rechtslage
Für zurückbleibende Angehörige ist es oft schwierig, diese digitale Spur vollumfänglich aufzuspüren und Accounts und Daten löschen zu lassen. Denn wem die Daten gehören und wer darauf Zugriff hat, ist rechtlich nicht klar geregelt. Der Laptop mit den Fotos gehört als Vermögenswert zum «analogen» Nachlass, Daten in der Cloud oder E-Mail-Accounts hingegen sind keine Vermögenswerte, sondern Teil der Persönlichkeitsrechte des Verstorbenen, die nicht automatisch zu Rechten der Angehörigen werden. Was im Fall des Todes gilt, wird in den Geschäftsbedingungen der digitalen Plattformen sehr unterschiedlich geregelt.

E-Mail-Account als Schlüssel
Der Zugang zum E-Mail-Account ist der zentrale Schlüssel, um die digitale Datenspur aufspüren und Benutzerkonten und Daten löschen zu können. Über die E-Mail können die meisten Konten zurückgesetzt werden. Fehlt dieser Schlüssel, bleibt den Angehörigen nur der Weg, an die einzelnen Anbieter wie Gmail, Facebook oder Apple zu gelangen. Auch bei Vorlage eines Todesscheins erhalten Erben nicht bei allen Anbietern Zugang zu Benutzerkonten der verstorbenen Person.

Digitalen Nachlass regeln
Damit Ihre Daten nach dem Tod nicht auf einem Datenfriedhof in der Unendlichkeit des Webs zirkulieren, empfiehlt es sich, nicht nur den «analogen» Nachlass frühzeitig zu regeln, sondern auch den digitalen. Dazu ist es wichtig, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, was vorhanden ist. Erstellen Sie eine Liste mit allen Benutzerkonten, -namen und Passwörtern sowie den Zugangsdaten zu Ihren Geräten; und aktualisieren Sie diese laufend! Da die Liste Unberechtigten vollumfänglich Zugang zu Ihrem digitalen, ganz persönlichen Leben gibt, bewahren Sie sie an einem sicheren Ort auf und informieren Sie eine Vertrauensperson, wo sich die Liste befindet. Es gibt auch diverse digitale Aufbewahrungsdienste. Bei einigen können Sie sogar hinterlegen, wer nach Ihrem Tod als Vertrauensperson Zugang zum Dienst und damit zu den Schlüsseln Ihres digitalen Nachlasses erhält.

Willensvollstrecker für Digitales
Wer nicht möchte, dass alle Erben nach dem Tod Zugang zu E-Mails, Fotos und anderen Daten erhalten, kann in seinem Testament eine Vertrauensperson als digitalen Willensvollstrecker bezeichnen und darin auch festlegen, was mit den Daten geschehen soll, welche gelöscht werden müssen und welche einzelnen oder mehreren Angehörigen übergeben werden sollen. Dieses Testament über den digitalen Nachlass können Sie separat erstellen oder als Teil eines umfassenden Testaments über den gesamten analogen wie digitalen Nachlass. Wichtig ist dabei in beiden Fällen, dass die Formvorschriften eingehalten werden! Ein Testament muss handschriftlich verfasst, unterzeichnet und datiert sein oder von einer Notarin öffentlich beurkundet werden.

Salome Krummenacher, Rechtsanwältin und Notarin

Dieser Beitrag erschien als Ratgeber Recht in der Surseer Woche vom 17. Juni 2021.
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