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Wie verhindere ich, dass mein Mann von mir erbt?

Zwischen meinem Mann und mir ist seit über einem Jahr das Scheidungsverfahren hängig, dessen Ende noch nicht absehbar ist. Jetzt habe ich leider eine schlimme Diagnose erhalten und will verhindern, dass mein Mann etwas von mir erbt. Ich habe zwei Kinder und einen Lebenspartner. Was kann ich tun?
Gemäss geltendem Recht ändert das Scheidungsverfahren nichts an der Erbberechtigung Ihres Mannes. Seine Ansprüche entfallen erst, wenn die Scheidung rechtskräftig ist. Wenn Sie nichts unternehmen, wird Ihr Nachlass im Todesfall je zur Hälfte auf Ihren Mann und Ihre beiden Kinder aufgeteilt. Bereits unter geltendem Recht können Sie Ihren Mann auf den Pflichtteil setzen; dieser beträgt einen Viertel Ihres Nach­lassvermögens. Ganz von der Erbfol­ge ausschliessen können Sie ihn nicht – es sei denn, es liegt aus­nahmsweise ein Enterbungsgrund vor (z. B. eine schwere Straftat gegen Sie oder Ihnen nahe verbundene Personen). Darauf lässt Ihre Frage aber nicht schliessen.

Neues Erbrecht
Am 1. Januar 2023 treten diverse Änderungen des Erbrechts in Kraft (vgl. auch letzte Leserfrage in der Ausgabe vom 7. Juli 2022), welche auch hängige Scheidungsverfahren betreffen. Nach neuem Recht ist es möglich, den Ehegatten unter gewissen Voraussetzungen (gemeinsames Scheidungsbegehren oder Ehegatten lebten bei Klageeinreichung mindestens zwei Jahre getrennt) bereits während der Dauer eines Scheidungsverfahrens vollständig von der Erbfolge aus­zuschliessen. Die neuen Bestimmungen sind auch auf bereits hängige Scheidungsverfahren anwendbar. Der Ausschluss gilt jedoch nicht automatisch, das heisst, wenn Sie nichts unternehmen, erhält Ihr Mann auch unter neuem Recht seinen gesetzlichen Erbteil, also die Hälfte des Nachlasses. Diesen gesetzlichen Erbteil können Sie ihm aber mit einem Testament vollständig entziehen. Einen Pflichtteil hat Ihr Mann unter dem neuen Recht in einem laufenden Scheidungsverfahren nicht mehr.

Grössere verfügbare Quote
Über den dadurch frei werdenden Teil Ihres Nachlasses können Sie anschliessend nach eigenen Wünschen verfügen. Sie können z. B. Ihren Lebenspartner begünstigen oder Ihren Kindern einen grösseren Teil zukommen lassen.

Testament
Ein Testament kann entweder von Anfang bis Ende handschriftlich verfasst (mit Ort, Datum und Unterschrift) oder durch eine Notarin oder einen Notar öffentlich beurkundet werden. Wichtig ist, dass sowohl das aktuelle wie auch das neue Recht berücksichtigt werden.

Welches Recht anwendbar ist, entscheidet sich nach dem Todestag:
Für Todesfälle bis und mit 31. Dezember 2022 gilt das aktuelle Recht, danach wird das neue Recht angewendet. 

Melanie Friedrich, Rechtsanwältin und Notarin, Fachanwältin SAV Familienrecht

Dieser Beitrag erschien als Ratgeber Recht in der Surseer Woche vom 18. August 2022.
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