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Habe ich Anspruch auf eine Abgangsentschädigung?
Nach 22 Jahren wurde mir (54), gemeinsam mit vier Kollegen, von einem KMU-Unternehmen gekündigt. Dies aus wirtschaftlichen Gründen. Haben wir Anspruch auf eine Abgangsentschädigung? Und müsste die Firma nicht einen Sozialplan erstellen und anwenden?
Ich habe Verständnis dafür, dass Sie sich fragen, ob Sie sich gegen eine Kündigung in Ihrem Alter nach 22 Jahren beim gleichen Arbeitgeber wehren können. Da Sie offenbar nicht allein von einer Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen betroffen sind, spricht vieles dafür, dass der Kündigungsgrund nicht vorgeschoben ist. Eine Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen ist erlaubt und nicht missbräuchlich.
Abgangsentschädigung basiert auf alter Regelung
Das Obligationenrecht (OR) kennt eine alte Bestimmung über die Abgangsentschädigung. Diese Regelung geht zurück auf die Zeit, bevor das Obligatorium über die berufliche Vorsorge 1985 eingeführt wurde. Diese Bestimmung hat heute nur noch Bedeutung für kleine Teilzeitanstellungen mit einem kleinen Lohn unter der Eintrittsschwelle der 2. Säule.
Einzahlungen in PK werden angerechnet
Das Gesetz bestimmt, dass der Arbeitgeber eine Abgangsentschädigung ausrichten muss, wenn das Arbeitsverhältnis einer mindestens 50 Jahre alten Person nach 20 oder mehr Dienstjahren endet (Art. 339b Abs. 1 OR). Die Entschädigung beträgt zwei bis acht Monatslöhne (je nach Dauer des Arbeitsverhältnisses etc.). Der Arbeitgeber kann aber seine Leistungen an diesen Entschädigungs-anspruch anrechnen, die er im Rahmen der Personalvorsorge bereits erbracht hat (Art. 339d OR). Das sind namentlich die vom Arbeitgeber einbezahlten Sparbeiträge für die berufliche Vorsorge. Umstritten ist, wie weit auch die Risikoprämien angerechnet werden können.
Sie sind 54 Jahre alt und seit 22 Jahren beim gleichen Arbeitgeber tätig. In dieser Zeit hat der Arbeitgeber Alterssparbeiträge in Ihre Pensionskasse einbezahlt (Arbeitgeberbeiträge), die mit Sicherheit mehr als acht Monatslöhnen entsprechen. Deshalb haben Sie keinen gesetzlichen Anspruch auf eine (zusätzliche) Abgangsentschädigung.
Sozialplan erst ab 30 Kündigungen
Auch hier muss ich Sie enttäuschen. Sowie Sie die Umstände umschreiben (KMU und fünf Kündigungen), besteht keine Sozialplanpflicht. Das Gesetz verlangt einen Sozialplan, wenn die Firma üblicherweise mindestens 250 Arbeitnehmende beschäftigt und innert 30 Tagen mindestens 30 Kündigungen (aus wirtschaftlichen Gründen) aussprechen will (Art. 335i OR). Das ist bei Ihnen sicher nicht der Fall.
Die Schwelle von mindestens 250 Arbeitnehmenden war bei der Beratung des Gesetzes nicht unumstritten. Das Parlament diskutierte damals auch über eine tiefere Grenze von 100 Arbeitnehmenden, entschied sich dann aber bewusst dafür, nur Grossbetriebe dazu zu verpflichten. Ein Grund bestand darin, kleine und mittlere Betriebe nicht zusätzlich finanziell zu belasten. Denn ein Sozialplan kann nur dann geschaffen werden, wenn entsprechende Reserven vorhanden sind.
Raetus Cattelan, Rechtsanwalt, Fachanwalt SAV Arbeitsrecht
Dieser Beitrag erschien als Ratgeber Recht in der Luzerner Zeitung vom 21. März 2023.
Abgangsentschädigung basiert auf alter Regelung
Das Obligationenrecht (OR) kennt eine alte Bestimmung über die Abgangsentschädigung. Diese Regelung geht zurück auf die Zeit, bevor das Obligatorium über die berufliche Vorsorge 1985 eingeführt wurde. Diese Bestimmung hat heute nur noch Bedeutung für kleine Teilzeitanstellungen mit einem kleinen Lohn unter der Eintrittsschwelle der 2. Säule.
Einzahlungen in PK werden angerechnet
Das Gesetz bestimmt, dass der Arbeitgeber eine Abgangsentschädigung ausrichten muss, wenn das Arbeitsverhältnis einer mindestens 50 Jahre alten Person nach 20 oder mehr Dienstjahren endet (Art. 339b Abs. 1 OR). Die Entschädigung beträgt zwei bis acht Monatslöhne (je nach Dauer des Arbeitsverhältnisses etc.). Der Arbeitgeber kann aber seine Leistungen an diesen Entschädigungs-anspruch anrechnen, die er im Rahmen der Personalvorsorge bereits erbracht hat (Art. 339d OR). Das sind namentlich die vom Arbeitgeber einbezahlten Sparbeiträge für die berufliche Vorsorge. Umstritten ist, wie weit auch die Risikoprämien angerechnet werden können.
Sie sind 54 Jahre alt und seit 22 Jahren beim gleichen Arbeitgeber tätig. In dieser Zeit hat der Arbeitgeber Alterssparbeiträge in Ihre Pensionskasse einbezahlt (Arbeitgeberbeiträge), die mit Sicherheit mehr als acht Monatslöhnen entsprechen. Deshalb haben Sie keinen gesetzlichen Anspruch auf eine (zusätzliche) Abgangsentschädigung.
Sozialplan erst ab 30 Kündigungen
Auch hier muss ich Sie enttäuschen. Sowie Sie die Umstände umschreiben (KMU und fünf Kündigungen), besteht keine Sozialplanpflicht. Das Gesetz verlangt einen Sozialplan, wenn die Firma üblicherweise mindestens 250 Arbeitnehmende beschäftigt und innert 30 Tagen mindestens 30 Kündigungen (aus wirtschaftlichen Gründen) aussprechen will (Art. 335i OR). Das ist bei Ihnen sicher nicht der Fall.
Die Schwelle von mindestens 250 Arbeitnehmenden war bei der Beratung des Gesetzes nicht unumstritten. Das Parlament diskutierte damals auch über eine tiefere Grenze von 100 Arbeitnehmenden, entschied sich dann aber bewusst dafür, nur Grossbetriebe dazu zu verpflichten. Ein Grund bestand darin, kleine und mittlere Betriebe nicht zusätzlich finanziell zu belasten. Denn ein Sozialplan kann nur dann geschaffen werden, wenn entsprechende Reserven vorhanden sind.
Raetus Cattelan, Rechtsanwalt, Fachanwalt SAV Arbeitsrecht
Dieser Beitrag erschien als Ratgeber Recht in der Luzerner Zeitung vom 21. März 2023.