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Mietzinsreduktion bei Baustellenimmissionen?

Neben dem Haus, in dem ich zur Miete wohne, wird gebaut. Diese Bauarbeiten verursachen täglich starke Immissionen (Lärm, Vibrationen, Schmutz etc.). Habe ich Anspruch auf eine Mietzinsreduktion?
Gemäss Art. 259d OR kann der Mieter bei Vorliegen eines Mangels vom Vermieter eine Herabsetzung des Mietzinses verlangen, wenn die Tauglichkeit der Mietsache zum vorausgesetzten Gebrauch beeinträchtigt oder vermindert ist. Für eine Mietzinsreduktion müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: (1) Der Mangel an der Mietsache muss von mindestens «mittlerer Schwere» sein, d. h. die Gebrauchstauglichkeit muss um mindestens 5 % eingeschränkt sein. (2) Der Vermieter muss Kenntnis des Mangels haben. (3) Der Mieter muss dem Vermieter anzeigen, dass er aufgrund des Mangels an der Mietsache das Gleichgewicht der mietvertraglich geschuldeten Leistungen (Mietzinszahlung gegen Zurverfügungstellen von Wohnraum) als gestört erachtet.

Die übermässige Beeinträchtigung durch Bauarbeiten in der Nachbarschaft stellt einen Mangel im Sinne von Art. 259d OR dar. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Vermieter für die Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück verantwortlich ist oder ob eine Drittperson Bauherrin ist. Damit ein Anspruch auf Mietzinsreduktion be­steht, genügt es nicht, wenn der Vermieter bloss darüber Bescheid weiss, dass auf dem Nachbargrundstück gebaut wird. Sie müssen Ihrem Vermieter auch ausdrücklich mitteilen, dass die Bauarbeiten Ihre Wohnqualität beeinträchtigen. Dass das Austauschverhältnis des Mietvertrags aufgrund des bestehenden Mangels Ihrer Ansicht nach im Ungleichgewicht ist, zeigen Sie dadurch an, dass Sie eine Mietzinsherabsetzung verlangen. Zu Beweiszwecken machen Sie diese Meldung per eingeschriebenen Brief.

Die Herabsetzungserklärung ist jederzeit möglich, auch noch nach Behebung des Mangels und nach Beendigung des Mietverhältnisses. Der Anspruch auf Mietzinsreduktion verjährt nach fünf Jahren. Allerdings muss die Anzeige an den Vermieter über das Bestehen eines Mangels und über das gestörte Austauschverhältnis erfolgen, noch während der Mangel vorliegt. Zudem markiert diese Meldung den frühestmöglichen Beginn des Herabsetzungsanspruchs. Es empfiehlt sich daher, dem Vermieter bei Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück die Beeinträchtigung umgehend anzuzeigen, sobald man diese feststellt, und gleichzeitig zu erklären, dass man mit dem Austauschverhältnis des Mietvertrages nicht mehr zufrieden ist.

Ab dieser Meldung an den Vermieter hat man bis zur Beseitigung des Mangels Anspruch auf eine Reduktion des Mietzinses. Je nachdem kann dies also bis zum Abschluss der Bauarbeiten andauern. In Bezug auf die Höhe der Herabsetzung sollte man jedoch nicht zu hohe Erwartungen haben. Die Rechtsprechung ist sehr unterschiedlich und die zugesprochenen Mietzinsreduktionen reichen von 5 % bis zu 50 %. Im Normalfall ist aber eine Reduktion von 10 % zu erwarten. Auf der Website des Mieterverbands finden sich eine Vorlage für ein Immissionsprotokoll zur detaillierten Dokumentation der jeweiligen Immissionen, ein Musterbrief für das Mietzinsherabsetzungsbegehren an den Vermieter sowie eine Sammlung mit Beispielen aus der Gerichtspraxis zur Bemessung von Mietzinsreduktionen bei Mängeln am Mietobjekt.

Kaja Vogler, Rechtsanwältin

Dieser Beitrag erschien als Ratgeber Recht in der Surseer Woche vom 17. Juni 2022.
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