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18. November 2021 Dr. Rainer Wey, LL.M.

Reservation bei Wohnungskauf - muss ich nun kaufen?

Meine Frau und ich haben vor wenigen Wochen eine Stockwerkeigentumswohnung in einer neu entstehenden Wohnbausiedlung reserviert und dabei auch eine entsprechende Reservationsvereinbarung unterzeichnet. Wir haben nun aber plötzlich den Eindruck, wir hätten überstürzt gehandelt. Müssen wir die Wohnung kaufen, auch wenn wir uns nachträglich doch noch anders entscheiden?
Meine Frau und ich haben vor wenigen Wochen eine Stockwerkeigentumswohnung in einer neu entstehenden Wohnbausiedlung reserviert und dabei auch eine entsprechende Reservationsvereinbarung unterzeichnet. Wir haben nun aber plötzlich den Eindruck, wir hätten überstürzt gehandelt. Müssen wir die Wohnung kaufen, auch wenn wir uns nachträglich doch noch anders entscheiden?

Wie Ihnen bestimmt bekannt ist, sind Verträge über Grundstücke nur dann gültig, wenn sie öffentlich beurkundet werden. Das heisst Kaufverträge, aber auch Vorverträge, die ein Grundstück (und damit natürlich auch eine Wohnung) zum Inhalt haben, müssen durch eine Notarin/einen Notar öffentlich beurkundet werden, andernfalls der Vertrag nicht wirksam wird. Ein schriftlicher, nicht notariell beurkundeter Vertrag über ein Grundstück ist nichtig, somit für beide Parteien gänzlich unverbindlich.

Haben Sie und Ihre Frau somit bloss eine herkömmliche Reservationsvereinbarung unterzeichnet, die juristisch als Vorvertrag zum Kauf eines Grundstücks zu qualifizieren ist, ist diese Vereinbarung ohne den Gang zu einem Notariat aufgrund ihrer Formungültigkeit nichtig. Das beutet für Sie, dass Sie keine Verpflichtung trifft, die Wohnung zu kaufen. Die Reservationsvereinbarung ist für Sie unbeachtlich.

In diesem Zusammenhang ist auch noch auf einen weiteren Aspekt hinzuweisen. Mit dem Abschluss einer Reservationsvereinbarung geht in der Regel die Zahlung einer so genannten Reservationszahlung einher. Die Höhe dieser Zahlung ist abhängig vom Preis der Immobilie und beläuft sich erfahrungsgemäss auf ca. 30’000 Franken, was sich bei sehr teuren Objekten aber ohne Weiteres auch auf 50’000 Franken oder mehr erhöhen kann. Auch hier gilt: Wurde die Reservationsvereinbarung nicht notariell beurkundet, so ist die Käuferschaft nicht verpflichtet, die Reservationszahlung zu bezahlen bzw. sie kann die Zahlung zurückverlangen, wenn diese bereits entrichtet wurde.

Verlangt die Käuferschaft in solchen «Rücktrittsfällen» ihre Zahlung aber jeweils zurück, kommt es oft zu Streit, weil die Verkäuferschaft sich regelmässig weigert, die Anzahlung (vollständig) an die Käuferschaft zurückzuerstatten. Dabei macht die Verkäuferschaft häufig Aufwendungen geltend, die im Zusammenhang mit dem Kauf bereits entstanden seien und die es nun natürlich mit der Anzahlung zu verrechnen gelte. Ob die Verrechnung dieser Aufwendungen zulässig ist, lässt sich nicht generell sagen. Klar ist immerhin, dass die Anzahlung grundsätzlich zurückzuzahlen ist. Auch wenn dies in der Praxis kaum je so gehandhabt wird, wäre es eigentlich empfehlenswert, solche Reservationszahlungen auf ein Sperrkonto zu vergüten, so dass das Geld selbst bei einem Konkurs der Verkäuferschaft noch vorhanden und leicht(er) greifbar wäre.

Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass Reservationsvereinbarungen nur verbindlich sind, wenn diese öffentlich beurkundet sind. Andernfalls ist die Vereinbarung nichtig und entfaltet keine Wirkungen. Allfällige, bereits auf der Basis einer solchen Vereinbarung getätigte Zahlungen können zurückgefordert werden. Die Parteien bleiben somit weiterhin frei, die Liegenschaft nicht zu kaufen oder – mit Blick auf die Verkäuferschaft – die Liegenschaft doch noch an eine andere, allenfalls einen höheren Preis bezahlende Partei zu verkaufen. Verbindlichkeit bei solchen Geschäften besteht erst mit der notariellen Beurkundung. Bis dahin bleiben beide Parteien frei. 

Dr. Rainer Wey, Rechtsanwalt und Notar

Dieser Beitrag erschien als Ratgeber Recht in der Surseer Woche vom 18. November 2021.
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